Investoren gehen “All In” bei KI | Der erste Mensch mit Chip im Gehirn | Deutschland zahlt 30 Mio. für Pin-Versand

Reihe Innovation Pulse | Was tut sich im Bereich der Tech-Innovationen? Frank Thelen teilt News, Beobachtungen und Einschätzungen aus der Welt der Innovationen und seiner eigenen Aktivitäten.

Investoren gehen “All In” bei KI

Der Run auf KI-Unternehmen an den Märkten nimmt kein Ende. Im öffentlichen Markt traden KI-Companys bei bis zu 3x höheren Multiples als Software-Firmen, die nicht mit KI assoziiert werden. Alleine Nvidia ist aktuell mehr wert als der gesamte chinesische Aktienmarkt.

Produktivitätssteigerungen durch KI und die damit einhergehende Bereitschaft, dafür zu zahlen, werden auch in den nächsten Monaten immer relevanter. Schon jetzt berichtet Microsoft von 70 Prozent Produktivitätssteigerung. Auch im privaten Sektor hat diese Dynamik nicht lange auf sich warten lassen. Teilweise werden KI-Unternehmen bereits wieder mit dem 100-fachen ihres Jahresumsatzes bewertet.

Bestes Beispiel OpenAI: Nach einem Deal mit Thrive Capital hat OpenAI eine Bewertung von 80 Milliarden Dollar erreicht und ist damit nach ByteDance (TikTok-Mutter) und SpaceX das am dritthöchsten bewertete Tech-Startup der Welt.

KI ist nicht nur Hype, sondern hat Substanz. Trotzdem werden aktuell zu pauschal und zu progressiv Unternehmen finanziert und bewertet. Neben großartigen Gewinnern wird es auch Enttäuschungen geben.

Neuralink: Der erste Mensch mit Chip im Gehirn

Vor einigen Wochen hat erstmalig ein Mensch im Rahmen einer anlaufenden Neuralink-Studie einen Chip ins Gehirn implantiert bekommen. Der Patient soll die Implantation gut überstanden haben und bereits in der Lage sein, eine Maus mit seinen Gedanken zu steuern. Am Montag schreib Elon Musk:

„Progress is good, and the patient seems to have made a full recovery, with no ill effects that we are aware of. Patient is able to move a mouse around the screen by just thinking,“

Wir stehen hier noch ganz am Anfang dieser Entwicklung, die zunächst vor allem Patienten mit Lähmungen zu einem normaleren Leben verhelfen wird. Perspektivisch aber wird das Brain-Computer-Interface unser neuer Default im Umgang mit technischen Geräten und dem Internet.

Wir werden nur mit unseren Gedanken Computer steuern, auf endlose Mengen an Informationen zurückgreifen und so eine komplett neue Ära der Produktivität und Gehirnkapazität erreichen.

Natürlich wirft diese Entwicklung auch viele ethische Fragen auf – sollten wir überhaupt an einen Punkt kommen, an dem man sich als Privatperson einen solchen Chip implantieren lässt? Würden Sie es tun?

IOT Use Cases: Was bringt Internet of Things in der Praxis?

Eine der wichtigsten Technologie-Plattformen der Zukunft ist das Internet der Dinge, auch als IoT (Internet of Things) bekannt. Durch immer bessere und günstigere Sensorik und Edge-Computing wird zukünftig jedes Gerät in unserer Welt – von der Glühbirne über den Kühlschrank bishin zum Auto – intelligent und in der Lage, sich selbst zu “steuern”.

Doch was bedeutet das konkret für die Industrie?

In meinem Buch 10xDNA habe ich bereits 2020 von sogenannten Dark Factories berichtet, in denen metaphorisch gesprochen kein Licht mehr brennt, weil dort keine Menschen mehr arbeiten und alles automatisiert abläuft.

Der chinesische Online-Händler JD.com eröffnete bereits 2018 ein Versandzentrum am Rand von Shanghai, das mit nur vier Technikern zur Wartung der Pack- und Sortierroboter pro Tag 200.000 Pakete versendet.

Bis das zum neuen Standard wird, ist es natürlich noch ein weiter Weg, aber irgendwann werden auch unsere Produktionen sich hier hinentwickeln müssen, um mit dem internationalen Wettbewerb mithalten zu können.

Eine der größten Herausforderungen bei der Automatisierung und der Implementierung von IoT ist die Beschaffung der benötigten Daten. Zwar liefern ein Großteil der Maschinen und Geräte in unseren Produktionen schon heute Daten, allerdings kommen diese in vielen unterschiedlichen Formaten und lassen sich nur schwer einheitlich sammeln und verarbeiten. Hier setzt unser jüngstes Freigeist-Investment United Manufactring Hub an: Sie haben mit ihrer Open Source Plattform einen neuen Datenstandard entwickelt, der es Unternehmen ermöglicht, die Daten aus ihrer Produktion an einem zentralen Ort – dem Unified Namespace – zu sammeln und darauf basierend KI-gestützte Automastisierungslösungen zu implementieren.

Der Gründer Alexander und ich waren zu Gast im IoT Use Case Podcast, um genau hierüber zu sprechen. IoT Use Case ist eine Plattform, die die spannendsten Lösungen im IoT Bereich mit den wichtigsten Akteuren der Industrie verknüpft.

Gerade hier in Deutschland tun wir uns mit Veränderung schwer – dabei versprechen der Einsatz von KI, IoT und Co. für die Unternehmen deutliche Effizienzsteigerungen bei geringeren Produktionskosten.

Google öffnet seine KI-Research für externe Entwickler

Google könne noch in diesem Jahr OpenAI und Co. überholen. Google’s Gemini Pro kann bereits mit GPT4 mithalten und Gemini Ultra dürfte nochmal erhebliche Leistungssprünge mit sich bringen.

Jetzt hat Google bekannt gegeben, dass es mit Gemma einige Modelle auf Basis des Gemini Researchs für externe Entwickler öffnen wird. Die Open Models  sollen zur Weiterentwicklung von KI beitragen und werden aller Voraussicht nach die Entwicklungen in diesem Bereich noch mal massiv beschleunigen.

Das einzige andere Unternehmen im KI-Rennen, das aktuell ebenfalls einen komplett offenen Ansatz fährt, ist Meta mit seinem Llama Modell – OpenAI ist – auch wenn es als Open Source Projekt gestartet ist – inzwischen alles andere als “offen” und Googles Flagship-Modell Gemini bleibt weiterhin geschlossen.

Dennoch: für Softwareentwickler ergeben sich aus den offenen Gemma Modellen spannende Möglichkeiten – ich bin gespannt, welche neuen Produkte wir hier in der nächsten Zeit sehen werden.

Was mir nach wie vor etwas Sorge bereitet, ist die „Wokeness“ der meisten KI-Modelle:

Im Rheinland sagen wir „Jeder jeck ist anders.“ Und ich glaube an eine bunte Welt, in der Herkunft keine Rolle spielt. Das pauschale „Canceln“ von Weißen hilft dabei nicht. Wir werden viele wichtige ethische Fragen beantworten müssen.

Bund zahlt fast 30 Mio Euro für Pin-Rückholdienst

Während Künstliche Intelligenz vorrangig in den USA und China mehrere Milliarden an Wert generiert, scheitert unser Staat nach wie vor an der Digitalisierung und versenkte zuletzt fast 30 Millionen Euro in den für die eID benötigten “Pin-Rückholdienst” 🙂

Ja, wir müssen sicherstellen, dass diese Pins den richtigen Empfänger erreichen. Aber das wäre auch technisch möglich und erfordert auf keinen Fall knapp 30 Millionen Euro an Kosten fürs Post-Ident-Verfahren. Stattdessen sollte unsere eID auf einem modernen Distributed Ledger und 2-Way-Authentification basieren – zBsp in Kooperation mit Mobilfunkprovidern.

Es ist nur eines von vielen Beispielen. Aber wie bekommen wir es hin, einen echten “Digitaliserungs-Ruck” zu erzwingen? Ich würde für alle behördlichen Vorgänge und Kommunikation das Papier per Gesetz abschaffen. Anders werden wir unsere Briefe und die verrückt langsamen, teuren und ineffizienten Vorgänge nichts los.

Was hier aktuell passiert, ist einfach nur noch peinlich 🙁

Deutsches Leuchtturmprojekt für Wasserstoff ist finanziell nicht tragbar

Ein weiterer Bereich, in dem aktuell viele Millionen an staatlichen Geldern versenkt werden, ist Wasserstoff. Das Land Niedersachsen investierte über 6 Millionen Euro in die Gewinnung von Wasserstoff in einer Kläranlage in Hannover. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass sich das Projekt nicht rechnen wird. Der Focus schreibt:

„Die Hoffnung, auf diese Weise umweltfreundlichen Kraftstoff zu gewinnen und gleichzeitig Energie zu sparen, hat sich als finanziell untragbar erwiesen.“

Wasserstoff klingt „sexy“ und es wird auch wirtschaftliche Anwendungen geben. Aber leider sind die aktuellen Pläne für Wasserstoff unserer Regierung viel zu optimistisch. Hier muss drigend mit Fachkompetenz nachgerechnet werden.

Empfehlungen

Tool: Superlist
Christian Reber hat einen Wunderlist Nachfolger gestartet: Superlist. Das Tool überzeugt wieder durch eine herausragende UX und ist sowohl für private Aufgaben, als auch kleinere Teams entwickelt. Es ist aber kein Wettbewerber zu Asan, Monday.com u.sw. Die für größere Teams entwickelt werden. Wir sind mit Freigeist auch erneut als Investoren an Board.

Artikel: Generative AI exists because of the transformer
Wie funktionieren eigentlich OpenAI, Gemini & Co? Das Visual Storytelling Team hat die Magie hinter KI-Modellen wie GPT4, Gemini und Llama heruntergebrochen und in diesem interaktiven Artikel sehr gut veranschaulicht: https://ig.ft.com/generative-ai/

Frank Thelen ist Early Stage Tech Investor (Freigeist), Unternehmer, Buchautor (10xDNA) und Initiator der 10xDNA Technologie Fonds. Dieser Beitrag ist ein Auszug seines „Innovation Pulse“-LinkedIn-Newsletters, der hier abonniert werden kann.