Das Fundament einer zukunftsfähigen Wirtschaft

Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist im Wandel. Hier liegen große Potentiale – Potentiale, die Politik und Wirtschaft gleichermaßen und gemeinsam heben sollten, um die notwendige Erneuerung zu gestalten. Ziel ist eine florierende, klimaneutrale, starke Wirtschaft mit sicheren Arbeitsplätzen und sicheren Einkommen.

Von Omid Nouripour

Die sektorübergreifende Dekarbonisierung ist hierbei die entscheidende Grundvoraussetzung für einen starken Wirtschaftsstandort, für Wettbewerbsfähigkeit und gute Jobs. Es ist vor allem der Mittelstand, der diese Chance bereits ergriffen hat und die Transformation maßgeblich antreibt. Zahlreiche Branchen haben schon jetzt auf grüne Zukunftstechnologien umgestellt – vom Maschinenbau über die Industrietechnik bis hin zur Automobilindustrie. Auch deshalb sind die Voraussetzungen gut, dass wir gemeinsam die historische Aufgabe meistern, Europa zum Leitmarkt für grüne Technologien zu machen. Unternehmen aus aller Welt haben das Deutschland-Potential erkannt, investieren und machen sich auf den Weg hin zum klimaneutralen Wirtschaften in der viertstärksten Volkswirtschaft dieses Planeten. Dabei unterstützen wir sie umfassend, etwa mit „Klimaschutzverträgen“ oder den „grünen Leitmärkten”. Diese Anreize helfen bei der Erneuerung der Wirtschaft. Und sie sind gut für das Land und seine Menschen.

„Ein starkes Ökosystem, das Mittelstand, Wissenschaft und Start-up-Szene vernetzt, beschleunigt Innovationen“
Unser Mittelstand ist für eine klimaneutrale Wirtschaft unerlässlich. Der Bedarf nach digitalen Lösungen ist hierbei besonders groß, gerade auch vor dem Hintergrund eines dringend notwendigen Bürokratieabbaus in Deutschland. Und doch stagniert die Digitalisierung der Wirtschaft in Deutschland, wie der aktuelle Digitalisierungsindex zeigt. Gute Digitalpolitik ist eine wichtige Basis für gute Wirtschaftspolitik. Deshalb müssen wir jetzt die Rahmenbedingungen für eine zukunftsgerichtete Digitalwirtschaft schaffen. Ein starkes Ökosystem, das Mittelstand, Wissenschaft und Start-up-Szene vernetzt, beschleunigt Innovationen, bringt uns der Klimaneutralität näher – und damit der Sicherung unseres Wohlstands auf den Märkten der Zukunft.

Ohne Einwanderung wird es nicht gehen

Eine weitere Herausforderung für unseren Wirtschaftsstandort ist der demografische Wandel. Bis 2030 fehlen uns etwa 4,2 Milliarden Arbeitsstunden. Es gilt nun, drei Dinge entschlossen anzugehen:

Erstens müssen wir endlich anerkennen, dass es ohne Einwanderung nicht gehen wird. Ohne Zuzug von Fach- und Arbeitskräften stünden Deutschland laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung bis 2035 sieben Millionen Beschäftigte weniger zur Verfügung. Und es gibt sie ja, die Menschen, die in unserem Land arbeiten wollen, die sich aktiv entscheiden, hier ihren Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten. Ihnen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erschweren oder gar zu verwehren, ist ein Fehler, den wir gerade korrigieren. Rückwärtsgewandte Identitätspolitik darf nicht zum Fallstrick für vernünftige Wirtschaftspolitik werden. Die Bundesregierung hat deshalb ein fortschrittliches Fachkräfteeinwanderungsgesetz vorgelegt. Denn wir wissen, wie entscheidend es ist, Talente nach Deutschland zu holen.

Zweitens: Ein Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland kann nur ein Teil der Lösung sein. Ebenso gilt es, die bisher nicht ausgeschöpften inländischen Arbeitspotentiale besser zu heben. Vor allem geht es darum, Hindernisse für Frauen auf dem Arbeitsmarkt abzubauen. Denn viele Frauen möchten mehr arbeiten – Berechnungen sprechen von umgerechnet rund 840.000 zusätzlichen Arbeitskräften allein in Deutschland. Konkret heißt das: bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Männer und Frauen, Lohnungleichheit beenden und Frauen in Führungsetagen bringen.

„Viele Unternehmen sind schon deutlich weiter als so mancher in der Politik“

Drittens müssen wir die dringend benötigten Verbesserungen bei der Aus- und Weiterbildung anpacken. Die Attraktivität einer beruflichen Ausbildung sollte sichtbarer werden, weil hier im Zuge der wirtschaftlichen Transformation neue und nachhaltige Arbeitsplätze entstehen. Dafür wollen wir die Maßnahmen zur Berufsorientierung ausbauen, denn junge Menschen brauchen eine gute Entscheidungsgrundlage für ihren beruflichen Werdegang. Ebenso ist einerseits die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung – und andererseits der erleichterte Zugang zur Meisterausbildung essentiell. Die gute Nachricht: Auch bei der innerbetrieblichen Weiterbildung ist der deutsche Mittelstand im europäischen Vergleich schon Vorreiter. Ein zentraler Faktor für unsere Wettbewerbsfähigkeit!

Gemeinsam Lösungen entwerfen

Die sich überlappenden Krisen unserer Zeit haben eines klargemacht: Unternehmen, die frühzeitig auf Digitalisierung und Dekarbonisierung umgestellt haben, sind für die Zukunft gut aufgestellt. Tendenz: exponentiell steigend. Viele Unternehmen sind schon deutlich weiter als so mancher in der Politik. Aber auch viele in der Politik gehen voran. Das ist eine gute Nachricht. Wenn nämlich Politik und Unternehmen gemeinsam Lösungen entwerfen und geschlossen handeln, entsteht daraus das Fundament einer zukunftsfähigen Wirtschaft, die nachhaltig ist und den Wohlstand in Deutschland sichert. Das ist der Weg.