Kollaboration im Mittelstand: Gemeinsam innovativer

Mittels kollaborativer Innovationen stellt sich der Mittelstand der ökologischen und digitalen Transformation. Besonders aktiv sind dabei etablierte kleine und mittelgroße Familienunternehmen aus dem produzierenden Sektor.
Mittelständische Unternehmen stehen vor einer Vielzahl von Herausforderungen, die sie – anders als in der Vergangenheit – in immer kürzerer Zeit bewältigen müssen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Grund dafür ist die Beschleunigung technologischer und insbesondere digitaler Entwicklungen. Der Mittelstand in Deutschland – bekannt dafür, mit innovativen und qualitativ hochwertigen Produkten die Weltmärkte zu bedienen – steht in diesem Zusammenhang vor der Aufgabe, seine Geschäftsmodelle neu auszubalancieren, den Wert großer Datenmengen zu erkennen und für sich nutzbar zu machen.
So steht zukünftig nicht mehr allein das qualitativ hochwertige physische Produkt im Mittelpunkt der Wertschöpfung, vielmehr gewinnen digitale bzw. plattformbasierte Geschäftsmodelle an Bedeutung. Es werden beispielsweise smarte Produkte ausgeliefert, um Nutzungsdaten von Kunden über Datenplattformen auszuwerten und darauf aufbauend datenbasierte Dienstleistungen anzubieten. Das im Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) festgelegte Ziel, bis 2030 die Emissionen um 65 Prozent gegenüber 1990 abzusenken und bis 2045 treibhausgasneutral zu sein, bedeutet eine weitere große Veränderung für den Mittelstand. Zudem verändern sich Kundenpräferenzen und mittelständische Unternehmen müssen ihre Geschäftsmodelle anpassen und ihre Nachhaltigkeitspotenziale nutzen, um in der Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben.
Innovationen einem Umfeld steigender Innovationsdynamik und Komplexität
Um die doppelte Transformation erfolgreich zu bewältigen, braucht es Innovationen. Dabei muss es sich nicht allein um Neuentwicklungen handeln. Insbesondere für mittelständische Unternehmen wird es häufig auch um die Adaption bereits bestehender Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse gehen.
Sowohl für die Entwicklung grundlegend neuer Innovationen als auch für die Adaption bestehender Innovationen sind entsprechende Kompetenzen erforderlich. Diese Fähigkeiten im Zuge des sich verstärkenden Fachkräftemangels aufzubauen und ständig anzupassen, um in einem Umfeld steigender Innovationsdynamik und Komplexität technologischer Entwicklungen die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, fällt mittelständischen Unternehmen zunehmend schwerer.
Kollaborative Innovationsprozesse mittelständischer Unternehmen
Im Auftrag der Bertelsmann Stiftung hat jetzt ein Forschungsteam des IfM Bonn die Motive und Herausforderungen im Hinblick auf kollaborative Innovationen unter anderem im Zuge der Kreislaufwirtschaft untersucht. Eines der Ergebnisse der Studie: Eigene Ressourcenengpässe und der Wunsch, frühzeitig einen Wissensvorsprung gegenüber Wettbewerbern zu besitzen, sind vorrangige Motive, warum mittelständische Unternehmen im Hinblick auf die Kreislaufwirtschaft gemeinsam mit Startups, Forschungseinrichtungen oder anderen Wirtschaftsunternehmen innovative Projekte initiieren – und umsetzen.
Besonders aktiv sind dabei etablierte kleine und mittelgroße Familienunternehmen aus dem produzierenden Sektor. Schließlich verfügen Unternehmen dieser Größe meist weder über eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung noch über ausreichende finanzielle Ressourcen, um konstant Innovationen hervorbringen und umsetzen zu können. Auch fällt es ihnen im Gegensatz zu Großunternehmen und Startups schwerer, Fachkräfte mit innovativem Wissen zu gewinnen. Zugleich stehen die mittelständischen Unternehmen aber vor der Herausforderung, in immer kürzerer Zeit das eigene Geschäftsmodelle neu auszubalancieren, indem beispielsweise gesammelte Daten für neue Serviceangebote oder die Optimierung von Geschäftsprozessen genutzt werden.
Unterschiedliche Partner für unterschiedliche Ziele
Um die eigenen fehlenden Fähigkeiten zu kompensieren, intensiviert ein Teil der mittelständischen Unternehmen ihre innovative Zusammenarbeit mit Kunden und Lieferanten. Ein anderer Teil der kleinen und mittleren Unternehmen sucht hingegen gezielt die Zusammenarbeit mit innovativen Startups bzw. Forschungseinrichtungen. “Kollaborationen mit Startups werden insbesondere dann genutzt, wenn neue Technologien und Märkte erschlossen werden sollen. Dagegen werden Forschungseinrichtungen meist als Partner ausgewählt, wenn die Unternehmen besonders risikobehaftete und kapitalintensive Innovationen umsetzen wollen. Auf diese Weise können die etablierten mittelständischen Unternehmen ihre Investitions- und Innovationsrisiken reduzieren“, berichtet IfM-Wissenschaftler Dr. Jonas Löher.
Nebeneffekt: Entstehung neuer Geschäftsmodelle
“Insgesamt zeigt sich, dass die mittelständischen Unternehmen längst erkannt haben, dass sie die Wende hin zu einer dekarbonisierten und zirkulären Wirtschaft aktiv angehen müssen. Entsprechend müssen sie Marktpotenziale und die Chance auf Technologieführerschaft in nachhaltigen Zukunftsfeldern für sich erschließen. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn die Unternehmen innovationsaktiv und in starke Innovationsökosysteme eingebettet sind“, resümiert Armando Garcίa Schmidt, Senior Expert bei der Bertelsmann Stiftung. Um noch mehr mittelständische Unternehmen zu kollaborativen Innovationen zu ermutigen, sei es laut der Studie von Bertelsmann Stiftung und IfM Bonn sinnvoll, wenn beispielsweise die Verbände und Kammern noch mehr (über)regional digitale Plattformen aufbauen, auf denen sich kooperationswillige Unternehmen und Forschungseinrichtungen mit einem kurzem Profil, ihrem jeweiligen Angebot bzw. Bedarf präsentieren können.